Glas mit Zucker gefüllt
Ernährung

Kohlenhydrate beim Abnehmen: Gut oder schlecht?

Dass Zucker und Kohlenhydrate nicht gerade vorteilhaft sind, um abzunehmen, weiß wohl jeder. Aber schaden notwendigerweise Kohlenhydrate beim Abnehmen?

Vielmehr muss man gute von schlechten Kohlenhydraten unterscheiden. In diesem Beitrag erfahrt ihr, warum Softdrinks schnell dick machen, aber Obst nicht. Ihr lernt die unterschiedlichen Arten von Kohlenhydraten kennen und welche fürs Abnehmen am besten sind. Zudem empfehle ich euch Schritte, wie ihr mit Kohlenhydraten abnehmen könnt, um nicht in die Lowcarb-Falle zu treten.

Kohlenhydrate sind Zucker

Kohlenhydrate sind Zucker und Zucker sind Kohlenhydrate. Sie stellen einen wichtigen Energielieferanten für unseren Körper dar. Alle Zucker zeichnet nämlich aus, dass sie vom Körper gut zu Energie umgebaut werden können.

Es ist eigentlich gar nicht möglich, sich dauerhaft zuckerfrei zu ernähren. Denn jedes Gramm Kohlenhydrate ist letztendlich eine Art Zucker und wird im Körper zu Zucker, nämlich Glukose, verstoffwechselt. Überhaupt gibt es kaum natürlich vorkommende Nocarb-Lebensmittel, also kohlenhydrat-freie Lebensmittel, die damit auch komplett zuckerfrei sind.

Aus diesem Grund wird auch die Lowcarb-Diät so gestaltet, dass Kohlenhydrate zwar in der Menge deutlich reduziert, aber nicht auf 0 gesetzt werden.

Diese Arten von Zucker in Lebensmitteln gibt es

Was ist eigentlich Zucker? Viele denken zunächst an den weißen Haushaltszucker, den man in den Kaffee rührt. Tatsächlich gibt es aber nicht nur den einen Zucker. Man unterscheidet insgesamt vier verschiedene Arten von Zucker:

  • Monosaccharide (Einfachzucker): Glucose (= Traubenzucker), Fructose, Galactose
  • Disaccharide (Zweifachzucker): Haushaltszucker + alle anderen üblichen Zucker wie z.B. Vollrohrzucker, aber auch z.B. Laktose und Glukosesirup
  • Polysaccharide (Vielfachzucker = eine Verbindung von mind. zehn Monosacchariden): z.B. Stärke und unverdauliche Ballaststoffe wie Zellulose und Pektin
  • und Oligosaccharide, die meist nicht klar von den Polysacchariden abgegrenzt werden

Für eine ausführlichere Auflistung der unterschiedlichen Zuckerarten schaut mal in diesem Beitrag vorbei.

Alles, was es an Zucker oder Kohlenhydraten gibt, lässt sich einer dieser Kategorien zuordnen.

Wie man an den Polysacchariden sieht, gehören zu diesen Zuckern auch die Ballaststoffe.

Blutzucker und Insulin beim Abnehmen

Ein nicht zu unterschätzender Parameter bei Kohlenhydraten oder Zuckern ist das Tempo der Verstoffwechselung unterschiedlicher Arten. Dieses hängt mit dem Insulin zusammen, das vom Körper bei der Nahrungsaufnahme ausgeschüttet wird. Ein hoher Insulinspiegel ist eher hinderlich für den Fettabbau und begünstigt dagegen die Einlagerung von Fett. Das ist auch gut so, denn nur so können wir überhaupt Reserven bilden, wenn gerade überschüssige Energie verfügbar ist.

Monosaccharide werden schnell, Disaccharide weniger schnell, Polysaccharide langsam verdaut. Genauso ist bei Monosacchariden die Insulinausschüttung hoch, bei Polysacchariden im Vergleich niedrig. Je längere Ketten die Zucker bilden, desto länger benötigt der Körper, um diese wieder in einzelne Zuckerbausteine aufzuspalten. Aus diesem Grund steigt der Blutzuckerspiegel und das Insulin langsamer an.

Schnelle und langsame Zucker: Glycämischer Index (GI) und Glycämische Last (GL)

Nun lassen also die aufgespaltenen oder rein vorliegenden Zucker den Blutzuckerspiegel und damit wiederum den Insulinspiegel steigen.

Das Maß der Wirkung von Kohlenhydraten auf den Blutzuckerspiegel wird im sogenannten Glykämischen Index (GI) abgebildet. Der GI gibt an, in welchem Maß ein Lebensmittel mit einem Kohlenhydratgehalt von 50g den Blutzuckerwert im Vergleich zu 50g Glucose (Traubenzucker) oder Weißbrot ansteigen lässt. Glucose, ein Monosaccharid, wird vom Körper am schnellsten aufgenommen. Dieses bildet den Referenzwert des GI (100). Für die Praxis taugt dieser Wert dennoch nicht: Z.B. Möhren und Weißbrot haben ungefähr denselben GI (70). Aber dass Möhren und Weißbrot den Blutzuckerwert nicht in demselben Maß schwanken lassen, das weiß man.

Etwas genauer bildet das die glycämische Last (GL) ab. Die GL berücksichtigt zusätzlich zum Zuckergehalt den Kohlenhydratgehalt eines Lebensmittels. Sie lässt sich über folgende Formel berechnen: GI eines Lebensmittels multpliziert mit dessen Menge an Kohlenhydraten in 100g. Mit der GL kann man in Werten ausdrücken, dass 100g Möhren weniger den Blutzucker beeinflussen als 100g Weißbrot. Die GL bei Möhren liegt bei ca. 7, bei Weißbrot hingegen bei ca. 33.

Dennoch sind sowohl GI wie auch GL für die Alltagspraxis eher weniger tauglich. Allein die Kombination und Menge der Lebensmittel einer Mahlzeit kann die Blutzuckerschwankung erheblich beeinflussen. Fette z.B. verzögern die Magenentleerung. Aber auch die persönliche Veranlagung und die Tagesform spielt eine Rolle bei der Verstoffwechselung.

Meiner Meinung nach sollte man sich an solchen Werten nur grob orientieren, aber nicht festklammern.

Nährstoffdichte und „leere Kalorien“

Für die Praxis lässt sich der Einfluss der Kohlenhydrate auf Sättigung durch die Nährstoffdichte veranschaulichen.

Eine kleine Kugel Schoko-Eis macht weniger satt als eine mittelgroße Kartoffel, obwohl beide kohlenhydrathaltig sind und ungefähr genauso viele Kalorien haben. Dies hängt mit der Nährstoffdichte, oder besser gesagt Makro-Nährstoffdichte zusammen. So besteht das Eis aus relativ viel Rohrzucker und Milch (Laktose!). Kartoffeln hingegen enthalten Wasser, Stärke und Ballaststoffe. Durch ihr relativ großes Volumen füllen Kartoffeln unseren Magen und werden aufgrund der Ballaststoffe langsamer verdaut. Das Eis hingegen füllt den Magen weniger und wird zugleich schneller verdaut, da es so gut wie keine Ballaststoffe, aber viel leicht zugänglichen Zucker enthält. Kartoffeln haben gemessen am Volumen somit eine niedrige Makronährstoffdichte, Eis hat eine hohe Makronährstoffdichte. Man kann sich auch noch Folgendes vor Augen führen: Wie viele Kalorien und Kohlenhydrate hat eine Schüssel Blattsalat und wie viel dagegen dieselbe Schüssel, prall gefüllt mit Schokolade?

Bei Lebensmitteln mit einer hohen Nährstoffdichte (Softdrinks, Schokolade, Eiscreme, Pommes, Kuchen) schnellt der Insulinspiegel in die Höhe. Der Körper lagert bei größeren Mengen Fett ein, wenn er die viele Energie nicht so schnell verwenden kann – es sei denn man hat lange nichts gegessen oder bewegt sich gerade sehr intensiv. Durch das geringe Volumen dieser verdichteten Lebensmittel und die fehlenden Ballaststoffe gelingt dem Körper die Verdauung besonders schnell und man bekommt relativ schnell wieder Hunger, sofern man sich überhaupt satt gefühlt hat. Da also die Kalorien von Lebensmitteln mit einer hohen Nährstoffdichte nicht wesentlich zur Sättigung beitragen, spricht man von leeren Kalorien.

Ballaststoffe sättigen

Ein bei der Nährstoffdichte nicht zu unterschätzender Faktor stellen also die Ballaststoffe dar. Sie sorgen für eine langsame Verdauung und eine gleichmäßige Abgabe von Zucker ins Blut. Auf diese Weise bleibt man gleichmäßiger und länger satt. Ballaststoffe sind unverdaulich. Im Gegensatz zu Fetten und Proteinen sättigen Ballaststoffe, ohne dabei Kalorien freizulegen.

Frisches Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte und Vollkorn-Getreide sorgen so trotz der Kohlenhydrate für einen konstanten Insulinspiegel. Sie sättigen sowohl durch ihr hohes Volumen als auch durch die Ballaststoffe, an denen der Körper länger verdaut.

Besonders bei Getreideprodukten und Backwaren macht der Ballaststoffanteil einen erheblichen Unterschied in Sachen Sättigung. Weißmehlbrot oder Kuchen aus Weißmehl führen zu größeren Insulinausschlägen. Dasselbe aus Vollkornmehl hingegen sättigt länger und schmeckt auch nach mehr.

Kohlenhydrate beim Abnehmen

Muss man also auf Kohlenhydrate beim Abnehmen komplett verzichten? Ich denke nicht. Denn gerade für’s Abnehmen zählt ein konstanter Insulinspiegel. Und den kann man bereits durch die richtige Auswahl der Kohlenhydrate steuern. Verzicht auf die leeren Kalorien der hochverdichteten Lebensmittel mit vielen schnellen Zuckern ist der erste Schritt. Dafür sorgen Lebensmittel mit einem hohen Volumen und vielen Ballaststoffen für Sättigung mit gleichzeitig beschränkter Kohlenhydrat- und Kalorienaufnahme. Jeder, der gerade mit dem Abnehmen anfängt, sollte versuchen, erst einmal die Art der Kohlenhydrate auf seinem Speisplan zu ändern.

Natürlich haben aber auch gute, ballaststoffreiche Lebensmittel mit einem hohen Volumen immer Kalorien. So muss man sich beim Abnehmen irgendwann auch in der Menge der Kohlenhydrate beschränken, damit der Körper an die Fettreserven geht. Auch durch sehr viel Vollkornbrot etwa steigt der Insulinspiegel verhältnismäßig stark an. Neben der richtigen Auswahl der Kohlenhydrate ist auch die Menge entscheidend. Wenn man so die Portionsmengen insgesamt etwas reduziert, kann man mit relativ guter Sättigung Kalorien einsparen. Wenn ich anstelle einer Banane nur noch eine halbe Banane in mein Müsli gebe, habe ich schon die Kohlenhydrate reduziert, allerdings auch einen kleinen Anteil der anderen Makronährstoffe.

Kaloriendefizit durch Sport aufbauen

Irgendwann kommt ein Punkt, an dem man nicht noch weiter seine Portionen reduzieren kann, einfach weil man sonst zu viel Hunger hat. Viele schielen spätestens da auf eine Lowcarb-Ernährung, weil diese durch Proteine mehr Sättigung verspricht.

Aus meiner Erfahrung ist Lowcarb auf Dauer nicht gerade erstrebenswert. Denn auch bei dieser Ernährungsweise müssen Kalorien gespart werden und Portionen verkleinert werden, um abzunehmen. Gleichzeitig fühlt man sich kraftloser und hat ständig Appetit auf Süßes.

Demgegenüber würde ich empfehlen, nicht noch mehr auf Kohlenhydrate zu verzichten, sondern ein Kaloriendefizit durch Sport aufzubauen. Eine Kombination aus Ausdauer- und Krafttraining ist optimal für eine effiziente Fettverbrennung. Darüber habe ich bereits hier geschrieben.

Fazit

Wenn ihr ohne erheblichen Verzicht auf Kohlenhydrate und ohne Lowcarb-Ernährung abnehmen wollt, gibt es zwei Stellschrauben, an denen ihr drehen könnt.

Stellt zunächst eure Ernährung um. Nehmt vermehrt Lebensmittel mit einer niedrigen Nährstoffdichte, vielen Ballaststoffen und einem hohen Volumen zu euch. Salat, Gemüse, Kartoffeln, Obst, Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide sind die Kohlenhydrate eurer Wahl. Dafür nehmt ihr immer mehr die leeren Kalorien und schnellen Kohlenhydrate ohne Ballaststoffe von eurem Speiseplan, genauso stark verarbeitete Produkte: Softdrinks, Süßigkeiten, Chips, Pommes, Pizza, Fastfood, Gebäck, Kuchen, Weißmehlbrot, Fertiggerichte, etc.

Allein dadurch werdet ihr schon abnehmen können.

Irgendwann kommt ihr dann an einen Punkt, an dem ihr vielleicht weiter abnehmen möchtet, aber mit dieser Methode nicht weiter kommt. Auch dann müsst ihr nicht komplett auf Kohlenhydrate verzichten, sondern lediglich die Menge etwas reduzieren. Probiert es z.B. abends mit weniger Kohlenhydraten und dafür mit einem leckeren Salat aus.

Wenn das dann auch nicht mehr funktioniert, seid ihr wahrscheinlich schon sehr weit mit dem Abnehmen gekommen. Anstelle die Kohlenhydrate noch weiter zu reduzieren, würde ich euch empfehlen, ein Kaloriendefizit durch Bewegung und Sport aufzubauen.

Literatur

Reinhard Matissek, Werner Baltes: Lebensmittelchemie. Berlin, Heidelberg 2016 (8. Auflage).

Für Dich vielleicht ebenfalls interessant...

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert